Muss ich als gesetzliche Betreuer:in mit zum Arzt?

Abgrenzung zwischen den Pflichten der gesetzlichen Betreuung und denen der Pflegeeinrichtung oder des Betreuten Wohnens (BeWo).

 

Wer hat eigentlich welche Aufgabe, wenn es um die Angelegenheiten von Menschen geht, die eine gesetzliche Betreuung haben und auch sozial oder pflegerisch unterstützt werden, also im Pflegeheim leben oder durch ein Betreutes Wohnen begleitet werden? Diese Frage ist vielen gesetzlichen Betreuer:innen schon einmal begegnet und einige berichten von Situation, in denen sie angehalten wurden, einen Arztbesuch zu begleiten oder Einkäufe zu übernehmen, weil es ihre Aufgabe sei. Aber stimmt das?

Grundsätzlich ist es ehrenamtlichen Betreuer:innen natürlich selbst überlassen, auch solche Aufgaben zu übernehmen. Es bedeutet für den betreuten Menschen ja häufig ganz viel Lebensqualität, wenn sich jemand diese Zeit für ihn nehmen kann. Bisweilen fühlen sich aber Betreuer:innen (und auch Angehörige) unter Druck gesetzt und wissen gar nicht, was tatsächlich ihre Aufgaben sind.

Um diese Frage im Einzelfall zu klären, kann man sich fragen: Ist diese Aufgabe rechtlicher (Rechtsfürsorge) oder tatsächlicher Natur (also tatsächliche Bewältigung des Alltags)? Geht es um den Abschluss eines Vertrags, eine Antragstellung, eine rechtliche Entscheidung (Aufgabe gesetzliche Betreuung) oder um die Organisation und Begleitung eines Arzttermins, Einkaufes, die Suche nach einer Wohnung (Aufgabe Pflegeeinrichtung, Betreutes Wohnen)? Eine gesetzliche Betreuer:in organisiert die tatsächlichen Hilfen (schließt also den Vertrag mit dem Pflegeanbieter), erbringt aber nicht die Hilfe selbst (also die Pflege). In diesem Bereich haben Soziale Hilfen Vorrang vor gesetzlicher Betreuung. Das kann auch bedeuten, dass ein Mitarbeiter des BeWo-Anbieters den Menschen mit einer gesetzlichen Betreuung zu Behördengängen begleitet und berät, wenn dieser Mensch in diesem Bereich handlungsfähig ist, also mit Unterstützung eine Entscheidung fällen kann. Das Ziel der gesetzlichen Betreuung ist einzig die Wiederherstellung der Selbstbestimmung im rechtlichen Sinne! Dazu existiert auch ein Urteil des Bundessozialgerichtes vom 20.06.2016, Az B 8 SO 7/15. (Siehe Tabelle)

Da es im Regelfall allen Beteiligten um das Wohl des Menschen mit Unterstützungsbedarf geht, ist es am besten die Verteilung der Aufgaben im gegenseitigen Einvernehmen abzusprechen. Wenn das aber schwierig ist, kann man zum einen im Wohn- und Teilhabegesetz NRW (WTG) für Menschen, die in Pflege- und Seniorenheimen leben oder für Menschen, die im Rahmen der Eingliederungshilfe unterstützt werden, im Rahmenvertrag nach § 131 SGB IX NRW (angefügte Rahmenleistungsbeschreibungen) nachlesen, welche Leistungen durch die jeweiligen Anbieter erbracht werden müssen. Bei Fragen hilft aber auch die Geschäftsstelle gerne weiter.

Dazu einige Beispiele:

 

Rechtliche Betreuung Ambulant betreutes Wohnen, Pflegeheim
Vermögenssorge

-Anträge und Verträge (auch Bank)

-Beobachtung Konto & Vertragsverhalten

 

Umgang mit Geld

-Erlernen des Umgangs mit Geld

-Planung, Begleitung oder Ersetzen von Einkäufen

Behördenangelegenheiten

-Jobcenter, Krankenkasse, Rente, Sozialhilfeträger: Antragstellung, Widerspruch

Unterstützung bei Behördengängen

-Bei handlungsfähigen Betreuten Begleitung und Beratung (Rückmeldung an Betreuer:in)

Gesundheitssorge

-Auswahl v. Ärzt:innen

-Entscheidung Therapieaufnahme (Beratung des Betreuten)

Erlernen der Sorge um die eigene Gesundheit/ gesundheitliche Versorgung

-Terminierung und Begleitung von ärztlichen Behandlungen

Wohnungsangelegenheiten/ Heimplatzangelegenheiten

-Verträge mit Heim, Vermieter und Versorgern

-Kontakt Vermieter bei Problemen

-Antrag Unterkunftskosten, Wohngeld etc.

Wohnen/Alltag

-Organisation des Haushaltes

-Beobachtung Verbrauchskosten

-Unterstützung Wohnungssuche

 

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